Das Belegschaftsbuch der Bergbaugesellschaft Teutonia interaktiv.
Das Forschungsprojekt „Teutonia. Kali im Wendland“ fand in Kooperation zwischen dem Institut für Kulturanthropologie / europäische Ethnologie Göttingen und dem Museum Wustrow im Wendland statt. Im Mittelpunkt standen Biografien der Beschäftigten der Bergbaugesellschaft Teutonia (1905–1926) auf Basis des Belegschaftsbuches. Das seltene Originaldokument wurde in der Ausstellung „Kali + Leinen – Industrialisierungsansätze im Raum Wustrow 1874–1928“ im inszenierten „Lohnbüro“ 2005 bis 2007 präsentiert.
Ein interaktiver Terminal erläuterte die in der kulturwissenschaftlichen Forschung erarbeitete Datenbank im historischen Kontext und lud zur individuellen Recherche ein.
Das Belegschaftsbuch dokumentiert auf 428 Seiten 3582 Arbeitsverhältnisse von der Einstellung bis zur Entlassung, verknüpft mit personenbezogenen Angaben (Geburtsdaten, Wohnort, Religion, Familienstand). Zum Stammpersonal der qualifizierten Steiger, Maschinisten oder Hauer gehörte höchstens ein Drittel der Belegschaft. Hohe Fluktuation und die typische Saisonarbeit im Winterhalbjahr führten in der Liste zu Mehrfachnennungen. Sie wurden in der Auswertung aggregiert, d.h. einer Gesamtzahl von 2422 Beschäftigten zwischen 1905 und 1926 zugeordnet. Weitere Listen, etwa der Entlassungen nach der Stilllegung, runden die Datenbasis ab. Zusätzliche Archivalien und persönliche Nachlässe aus dem Kreis der Nachkommen erlauben im Einzelfall die Vertiefung bis auf die Ebene individueller Lebensläufe und verleihen den nüchternen Daten und Zahlen ein Gesicht.
Die museale Umsetzung lud dazu ein, entweder virtuell durch historische Berufe und Zeitereignisse zu surfen oder gezielt nach Geburts- und Wohnorten einer „europäischen Belegschaft“ sowie nach Personennamen zu suchen. Da nicht nur der Bergbau, sondern auch die Geschichte „nicht eines Menschen Sache allein“ ist, wurden die Museumsbesucher aufgefordert, die Vergangenheit mitzugestalten und selbst Hinweise auf erkannte „historische Akteure“ zu geben. Neue biografische Informationen zur Kalibelegschaft wurden sukkzessive nachgetragen, wodurch die Datenbank als „offenes Archiv“ im Verlauf der Ausstellung wuchs und sich wissenschaftliche Forschung und museale Vermittlung wechselseitig förderten.
Der interaktive Terminal wurde von uns 2005 konzipiert, gestalterisch und technisch realisiert.